Überspringen zu Hauptinhalt
AGG Schulung: E-Learning zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz info@agg-mitarbeiterschulung.deLoginLetzte Aktualisierung der Schulung: September 2023

Keine Entschädigung wegen fehlendem Vorstellungsgespräch

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) durfte sich mit einem vermeintlichen Diskriminierungsfall einer schwerbehinderten Person beschäftigen.

Fall:
Eine behinderte Person (Kläger) bewarb sich auf die öffentliche Stelle „einer Kämmerin/eines Kämmerers“, wobei er vortrug keine schriftliche Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bekommen zu haben und damit diskriminiert wurde. Eine andere Person bekam dann die Stelle. Die behinderte Person klagte hier eine angemessene Entschädigung ein, wobei das Verfahren mit der Revision zum höchsten deutschen Arbeitsgericht, hier dem BAG kam, welches urteilte:


Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
1.) Zwar wurde der Kläger durch dieses Vorgehen des potentiellen Arbeitgebers unmittelbar gem. § 3 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) benachteiligt, dass er von der Beklagten im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren für die ausgeschriebene Stelle nicht berücksichtigt wurde. Denn er hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Das BAG gab hier auch noch den Hinweis, dass es nicht darauf ankommt, ob es andere Bewerber/innen gegeben hat, ob deren Bewerbungen Erfolg hatten und ob ein/e von der Beklagten ausgewählte/r Bewerber/in die Stelle angetreten hat.
2.) Aber der Kläger verlor trotzdem sein Verfahren, da:
Zwischen der Benachteiligung und dem Grund der Benachteiligung, hier der Schwerbehinderung bzw. einer Gleichstellung fehlt der Kausalzusammenhang. Der Umstand, dass der Kläger kein Einladungsschreiben der Beklagten zu einem Vorstellungsgespräch erhalten hat, begründet nicht die Vermutung gemäß § 22 AGG, dass er die Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung bzw. Gleichstellung erfahren hat. Hierzu führte das BAG aus:


Vorliegend hatte die Beklagte alles ihr Mögliche und Zumutbare unternommen, um einen ordnungsgemäßen und fristgerechten Zugang des Einladungsschreibens zu bewirken. Insoweit hat die Beklagte vorgetragen, der Bürgermeister habe den Kläger in Abstimmung mit dem Amtsleiter Zentrale Dienste und einem Mitglied der Personalvertretung für ein Vorstellungsgespräch ausgewählt. Sie – die Beklagte – habe den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 6. Februar 2018, unterzeichnet vom Bürgermeister, unter der angegebenen Postfachanschrift zu einem Vorstellungsgespräch am 21. Februar 2018 um 10:30 Uhr ins Rathaus, Zimmer des Bürgermeisters, eingeladen. Die Sekretärin des Bürgermeisters habe das Schreiben zur Post gegeben. Zwar ist der Kläger diesem Vorbringen der Beklagten entgegengetreten; für sein gegenteiliges Vorbringen ist der Kläger, den im Hinblick auf die die Kausalitätsvermutung begründenden Indizien iSv. § 22 AGG die Darlegungs- und Beweislast traf, allerdings beweisfällig geblieben. Anders als der Kläger meint, war die Beklagte auch nicht verpflichtet, dem Kläger das Einladungsschreiben per Einschreiben mit Rückschein zukommen zu lassen.“

Quelle:
BAG, Aktenzeichen 8 AZR 297/20, Urteil vom 01.07.2021, veröffentlicht: 19.11.2021; https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/8-azr-297-20/

Fazit:
Wenn das Einladungsschreiben der/die Bewerber(in) nicht erhält, bedeutet dies nicht, dass das Dokument nicht verschickt wurde. Die Behörde muss kein Einschreiben für den Nachweis nutzen, sondern muss aufzeigen, ob sie alles Mögliche und Zumutbare veranlasst hatte, wobei von der Behörde u.a. dargestellt wurde, dass die Sekretärin des Bürgermeisters das Schreiben zur Post gegeben hatte.

Rechtsanwalt Robert Uhl
www.raau.de oder
www.rechtsanwalt-uhl.de

An den Anfang scrollen